Aktuelles • 11/09/2024

Entscheid betreffend Überbrückungshilfe Stadt Bern: Ein bitterer Entscheid für Armutsbetroffene

Das Regierungsstatthalteramt meldete am 10. September, dass es die eingereichte Beschwerde gegen die Verlängerung der Überbrückungshilfe der Stadt Bern gutheisst. Die Stellungnahme der Beratungsstelle ist hier zu lesen.

Die Berner Beratungsstelle für Sans-Papiers bedauert den Entscheid des Regierungsstatthalteramtes, dass die Ausrichtung der Überbrückungshilfe gegen übergeordnetes Recht verstosse und deshalb nicht weitergeführt werden darf. Für die von Armut betroffenen Personen in der Stadt Bern ist dieser Entscheid bitter. Mit dem Projekt der Überbrückungshilfe hatte die Stadt Bern eine niederschwellige Unterstützungsmöglichkeit geschaffen, die der Sicherung eines menschenwürdigen Daseins von Armutsbetroffenen dienen sollte.

Im Nachgang der Corona-Pandemie hatten die Berner Beratungsstelle und viele andere Organisationen festgestellt, dass die während der Pandemie sichtbar gewordene und zum Teil verstärkte Armut nicht einfach verschwand. Einerseits konnte festgestellt werden, dass Personen mit B-, C-, F- oder L-Ausweis häufig auf staatliche Hilfe verzichteten – aus Angst, ihre Bewilligung zu verlieren oder in Zukunft aufenthaltsrechtlichen Nachteilen ausgesetzt zu sein. Andererseits befanden sich Personen ohne Aufenthaltsbewilligung nach der Pandemie in sehr prekären Lebenslagen, weil sie nur teilweise oder gar nicht an ihre Arbeitsplätze zurückkehren konnten und die Teuerung ihnen zusetzte. Staatliche Sozialhilfe oder Nothilfe kam für diese Personen nicht in Frage, da ihr Aufenthalt sonst den Behörden bekannt geworden wäre. Mit der niederschwelligen Überbrückungshilfe konnten diese Personen während einer begrenzten Zeit und mit einem begrenzten Betrag in den Bereichen Wohnen, Gesundheit, Nahrungsmittel und Kleidung unterstützt werden. Unmittelbare Not wurde dadurch gelindert.

Es bleibt nun zu hoffen, dass der vorliegende Entscheid weitergezogen wird und eine höhere Instanz zu einem anderen Schluss gelangt. Schliesslich hat der Staat auch eine Verantwortung gegenüber seinen Bewohner:innen, dass diese ihr Grundrecht auf Nothilfe in Anspruch nehmen können, ohne Angst, negative Konsequenzen befürchten zu müssen. Falls der Entscheid jedoch so stehen bleibt, müsste aus unserer Sicht einerseits die Meldepflicht bei der Sozialhilfe grundsätzlich überdacht werden und andererseits sollte sichergestellt werden, dass der Zugang zur Nothilfe für alle ohne Bedingung und ohne Konsequenzen gewährleistet ist. Nur durch solche Massnahmen kann ein menschenwürdiges Leben für alle gewährleistet werden. 

Beitrag RaBe

RaBe-Info, Sendung vom 11.9.2024

Die Sendung berichtet über den Entscheid und beleuchtet, welche Auswirkungen das haben kann. Die Berner Beratungsstelle für Sans-Papiers äussert sich in diesem Beitrag. (Min 6.07-11.18)

Aktueller Stand

Der Gemeinderat der Stadt Bern zieht den Entscheid zum Verwaltungsgericht weiter (Stand 20. September 2024).